Netzanschlüsse mit Kombikraftwerken ausreizen

Netzanschlüsse mit Kombikraftwerken ausreizen

04.01.2023

Wenn Wind- und Solarparks ihren Strom gemeinsam über einen Netzanschlusspunkt einspeisen, können sie seine Kapazität vollständig ausnutzen. Das spart Ressourcen und schafft neue Vermarktungsoptionen.  

Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen mindestens 400 Gigawatt Solarstromanlagen ans Netz gehen. Doch der Netzausbau stockt, und die Energieversorger kommen mit dem Bau von Trassen und der Erhöhung der Umspannwerksleistung nicht hinterher. So haben die Übertragungsnetzbetreiber beispielsweise bisher nur wenige hundert Kilometer der benötigten Übertragungsnetze in der Höchstspannungsebene (400 kV und mehr) umgesetzt. Ein beschleunigter Ausbau der Verteilnetze in der Mittelspannungsebene (10 bis 30 kV) und der Hochspannungsebene (110 kV) zeichnet sich ebenfalls nicht in dem benötigten Maße ab.

Wegen des schleppenden Ausbaus und der begrenzten Netzkapazitäten werden die Strecken für den Energietransport zu den Verbrauchern immer länger. Heute schon sind die Kabeltrassen bis zum nächsten Einspeisepunkt in vielen Fällen bereits zehn Kilometer lang oder noch länger. In den kommenden Jahren werden die Netzanschlüsse beim Ausbau erneuerbarer Energien zu den knappsten Ressourcen zählen. Es gilt daher, die vorhandene Infrastruktur besser auszunutzen. Dies gelingt zum Beispiel durch den Zusammenschluss von Wind- und Solarparks an einem Netzanschluss. In den vorhandenen Windkraftanlagen und Trassen steckt ein großes Potenzial, welches bisher nicht genutzt wird.

Optimale Ergänzung

Weil Solarstromanlagen im Sommer und Windkraftanlagen im Winter am meisten Strom produzieren, ergänzen sich die Systeme optimal. Durch den Zusammenschluss von Wind- und Solarparks können Betreiber an demselben Einspeisepunkt mehr Leistung einspeisen und den Netzanschluss um bis zu 150 Prozent ausreizen. Der Strom wird gleichmäßiger produziert, denn die Ertragsschwankungen der Energieerzeuger lassen sich zum Teil kompensieren. Weil die Anlagen Kabeltrassen gemeinsam nutzen können, lassen sich aufwändige Genehmigungsverfahren, Material und Kosten einsparen.

Ältere Windkraftanlagen werden durch die Zusammenführung mit neuen Solarstromanlagen aufgewertet, neue Vermarktungsfelder können erschlossen werden. Dazu zählen zum Beispiel Netzdienstleistungen wie das Bereitstellen von Regelenergie oder auch die Lieferung von Blindstrom in der Nacht.

Netzdienstleistungen erbringen

Wird das Hybridkraftwerk aus Wind- und Solarstromanlage mit einem Speicher kombiniert, kann es ein vordefiniertes Lastprofil bedienen und bei der Vermarktung höhere Preise erzielen. Außerdem sind derartige Kraftwerke schwarzstartfähig, sie können also ein Netz stellen und somit auch im Falle eines Blackouts konventionelle Kraftwerke ersetzen. Dank der schnellen, elektronischen Wechselrichter in modernen Solarstromanlagen und Speichern sind die Kraftwerke außerdem in der Lage, Blindleistung zur Verfügung stellen und das Netz vor Ort zu jeder Tages- und Nachtzeit zu stabilisieren. Auch an Netzausläufern und bei Engpässen können die Kraftwerke die Spannung stabil halten und Regelenergie liefern.

Diese wurde bisher vor allem durch konventionelle Kraftwerke erbracht. In Kombination mit einem Batteriespeicher können aber auch Wind- und Solarstromanlagen diese Netzdienstleistung erbringen und am Regelenergiemarkt teilnehmen. Die Speicher nehmen in diesem Fall überschüssigen Strom aus der Erzeugung oder dem Stromnetz auf und geben ihn bei positivem Regelenergiebedarf wieder ab. Dies wird über den Übertragungsnetzbetreiber gesteuert. So lassen sich Netzschwankungen vermeiden, die zum Beispiel durch Kraftwerksausfälle, Einspeiseschwankungen, Lastschwankungen oder Prognosefehler entstehen. Die Übertragungsnetzbetreiber vergüten diese Regelenergie, mit der die Netzfrequenz innerhalb eines bestimmten Bereichs gehalten wird.

Intelligent steuern

Die Planung eines Hybridkraftwerks ist etwas aufwändiger. Außerdem ist eine intelligente Steuerung erforderlich. Je nach Voraussetzungen und Rahmenbedingungen (z.B. der Vergütungshöhe für die jeweilige Technologie) sollte die Steuerung die Einspeisung des Wind- oder Solarstroms priorisieren und dafür sorgen, dass die maximal zulässige Kapazität nicht überschritten wird. Produzieren beide Anlagen zusammen mehr Strom als der Netzanschlusspunkt aufnehmen kann, muss die Steuerung greifen und die Anlage mit dem geringeren Vergütungssatz herunterregeln. Ein Schutzkonzept sollte sicherstellen, dass das Netz vor einer Überlastung geschützt wird.

 

Über den Autor:
Volker Schöller ist technischer Geschäftsführer der Schoenergie GmbH aus Föhren bei Trier.

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